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- Der Glücksknochen - eine therapeutische Kurzgeschichte
Der Glücksknochen - eine therapeutische Kurzgeschichte
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Gute Nachrichten vom
Wir Menschen lieben es, Ereignisse zu bewerten - gut oder schlecht, richtig oder falsch, Glück oder Pech. Ob wir etwas positiv oder negativ empfinden, ist oft individuell. Es hängt von unserem Blickwinkel, unseren Werten ab. Manchmal stellt sich ein vermeintliches Unglück auch als Glücksfall heraus.
Der Glücksknochen (Therapeutische Geschichte)
-gewidmet Luna-
Selene war eine glückliche kleine Hündin. Und das im doppelten Sinne - zum Einen war sie sehr lebensfroh und quicklebendig und zum Anderen lebte sie bei Ramon. Und Ramon liebte seine kleine Begleiterin sehr. Selene mochte am liebsten Lachs oder einen richtigen Knochen, an dem sie nagen konnte. Der Knochen half auch, Probleme mit Zahnstein zu vermeiden und ein kräftiges Gebiss zu trainieren. Ansonsten liebte sie es, sich im herbstlichen Laub zu wälzen oder den Schnee mit ihrer kleinen Nase zu durchstöbern.
Eines Tages brachte Ramon einmal wieder einen großen Knochen für sie mit. Mit Genuss knabberte und knackte Selene an dem Knochen - über einige Stunden und Tage. Nach ein paar Tagen bemerkte Ramon, das Selene nicht mehr so fraß wie sonst. Zunächst nichts besonders - manchmal gibt es kurze Phasen, wo das so ist. Dann jedoch kam Selene immer häufiger zu ihm und ließ sich ihr kleines Bäuchlein streicheln. Sie zitterte und hatte ganz offenbar Schmerzen. Er fragte ein paar befreundete HundebesitzerINNEN und bekam meistens die Antwort, er möge einfach noch etwas warten.
Ramon überlegte kurz, als es nach ein paar Stunden nicht besser wurde, beschloss er, den Tierarzt aufzusuchen. Selene und ihr Wohl war ihm zu wichtig, als das er länger warten wollte. Dieser kleine Hund hatte ihn durch einige schwere Zeit begleitet, getröstet und war immer treu an seiner Seite. Allein der Gedanke, dass es ihr nicht gut ging, tat ihm weh. Selene kauerte sich in ihrem Körbchen zusammen - man sah ihr an, dass sie litt.
Beim Tierarzt erfuhr Ramon dann, dass eine Ultraschalluntersuchung erforderlich ist, um einen Verdacht auszuschließen bzw. zu erhärten. Die Wartezeit schien nicht zu vergehen. Zäh wie Teer verstrich jede Minute und gab unendlich viel Platz für Sorgen, Zweifel und Selbstvorwürfe. Hatte der Knochen bzw. ein Splitter davon sie verletzt? Litt sie jetzt wegen eines Knochen, den er ihr gegeben hatte? Das könnte er sich nie verzeihen.
Mit ernster Miene bat der Tierarzt ihn zurück ins Behandlungszimmer. Der Verdacht bestand in einer Darmverletzung, einem Tumor oder Darmverschluss. Alle drei Varianten können lebensbedrohlich sein. Der Tierarzt lobte Ramon, weil seine frühzeitiges Handel Selene vermutlich vor dem relativ sicheren Tod bewahrt hatte. „Viele warten - und oft ist es dann zu spät.“, sagte der Tierarzt, „Wir müssen sofort operieren. Ein Kollege ist schon auf dem Weg. Es sieht dennoch kritisch aus. Im schlimmsten Fall werden wir Sie anrufen.... dann bliebe die Frage, ob wir sie überhaupt aus der Narkose zurückholen.“
Diese Aussage riss Ramon den Boden unter den Füßen weg. Wie sollte er ohne Selene leben, weitermachen? Sie war doch noch so jung, so quicklebendig und so liebenswürdig in ihrer Art. Sie durfte einfach nicht sterben. Sie durfte nicht. Im Wartezimmer brach er kurz in Tränen aus. Das war nicht fair! Es durfte einfach nicht sein. Eine Freundin holte ihn ab, brachte ihn nach Hause und wartete mit ihm auf den hoffentlich erlösenden Anruf, dass doch noch alles gut wird. Er war vielleicht noch nie in seinem Leben so aufgewühlt wie in diesem Moment. In seinem Kopf kreisten die schlimmsten Gedanken. Selbst die tröstenden Worte der guten Freundin konnten ihn kaum erreichen. Immer wieder der Gedanke „Vielleicht habe ich sie so tödlich verletzt, als ich ihr den Knochen gab.“
Plötzlich klingelte das Telefon. Ramon war wie gelähmt. Was sollte er nur tun, wenn der Tierarzt ihn gleich fragen würde, ob er Selene nicht wieder aufwachen lassen solle? Allein dieser Gedanke bereitete ihm körperliche und seelische Schmerzen. Er könnte heulen vor Wut und Angst und Traurigkeit.
Die Freundin nahm den Anruf entgegen und er beobachtete genau ihren Gesichtsausdruck. „Sie lebt!“, war das erste und einzige, was sie sagte und dann hörte sie noch eine Weile zu.
Dann fuhren beide zum Tierarzt. Selene stand noch etwas wackelig auf ihren Beinchen, aber sie schaute schon die ganze Zeit zur Tür, bis Ramon endlich hineinkam. „Ich denke. das Schlimmste hat sie überstanden. Sie ist noch nicht über den Berg, aber ...“, er machte eine bedeutungsvolle Pause, „der Knochen, der den Darm reizte und ihr die Beschwerden bereitete, hat ihr wohl das Leben gerettet.“
Ramon sah den Arzt mit großen Augen an. „Die Bauchspeicheldrüse ist entzündet. Das merken die Hunde in der Regel nicht. Und wenn sie es bemerken, ist es oft schon zu spät. Wären Sie nicht gleich wegen der Verdauungsprobleme zu mir gekommen, hätte ich bei der Gelegenheit die Entzündung nicht finden können ... dann sehen die Dinge jetzt anders aus.“
Selene zeigte sich in den nächsten Tagen als Kämpferin. Jeden Tag wurde sie etwas kräftiger und munterer.
Dass ausgerechnet der Knochen, von dem Ramon glaubte, das er Selenes Leben bedroht hätte, der rettende Auslöser war ... Ramon konnte es kaum fassen.
Über den Autor:
Ich bin Steffen Zöhl, geb. 1975 und liebe es, Menschen zu motivieren und von sich selbst zu begeistern.
Das Vertrauen zwischen meinen Klienten und mir ist in meinen Augen dabei der entscheidendste Erfolgsfaktor für eine Therapie.
Über den Autor:
Ich bin Steffen Zöhl, geb. 1975 und liebe es, Menschen zu motivieren und von sich selbst zu begeistern.
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