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- Liebesfallen. Psychologische Betrachtungen über das berühmteste Gefühl der Welt - Buchrezension
Liebesfallen. Psychologische Betrachtungen über das berühmteste Gefühl der Welt - Buchrezension
Gute Nachrichten vom
Vor mir liegt ein Taschenbuch, das die Liebe wirklich von allen Seiten beleuchtet. Nach der Begriffsklärung „Was verstehen wir eigentlich unter Liebe?“ beleuchtet die Autorin das Thema entwicklungspsychologisch. Sie schaut dann auf gesellschaftliche Veränderungen des Frauen- und Männerbildes, auf die Formen der Liebe zwischen Erwachsenen und auf die Facetten sexueller Liebe. Weiter betrachtet sie Verirrungen der Liebe, leidvolle Erfahrungen in der Liebe und Ängste und Störungen im Liebesleben. Im vorletzten Kapitel vergleicht sie die Bilder der Liebe in den verschiedenen Religionen und im letzten Kapitel stellt sie die Frage, wie Liebe befriedigend sein kann.
Im einführenden Kapitel findet sich das Zitat „Liebe, die nicht immer wieder neu entsteht, stirbt ständig,“ von Khalil Gibran. Diese Einstellung wird im Buch auch immer wieder deutlich. Gleichzeitig zeigt sich die Ulrike Sammer so angenehm offen und tolerant für unterschiedliche Auffassungen von Liebe und Sexualität. „Alles, was der gemeinsamen Freude, der Befriedigung und dem Spaß dienlich ist, hat gleichermaßen seine Berechtigung. Gemeinsam etwas Angenehmes zu erleben, hat immer (auch) etwas mit Liebe zu tun.“ Aber eben unter der Bedingung, dass alles, was geschieht, für beide angenehm und stimmig ist.
Die Betrachtung der Rollen von Mann und Frau im Lauf der Geschichte mit den Auswirkungen auf Beziehungen finde ich sehr interessant und auch inspirierend. Die Autorin beschreibt subtile Mechanismen, wie häufig das Selbstwertgefühl von Frauen gedämpft, das der Männer dagegen übersteigert wurde. Erstaunlich, wie sich hier patriarchale Stereotype halten, im Gegensatz zu der rasanten gesellschaftlichen Entwicklung während der beiden Weltkriege und durch die industrielle Revolution. Die Ulrike Sammer zeigt subtile Mechanismen der Geschlechterrollen auf, nicht aber ohne auch festzustellen „Es gibt ihn, den neuen Mann!“ Den Mann, der zu seinen Gefühlen steht und sich empathisch und fürsorglich verhält. Und der Frauen auch zugesteht, traditionell als männliche Werte angesehene Fähigkeiten zu entwickeln wie sich durchzusetzen und eigene Ziele zu verfolgen anstatt in erster Linie die Familie zu versorgen.
Bei der ausführlichen Schilderung aller Irrungen, Wirrungen und Störungen der Liebe kroch in mir Mutlosigkeit hoch. Was alles die Liebe stören oder gar unmöglich machen kann… da sehnte ich mich danach, auch etwas über die Bewältigung dieser Liebesfallen zu lesen.
Mit dem Bild der Liebe in den unterschiedlichen Religionen bringt die Autorin dann noch einmal eine gesellschaftliche Sichtweise ein… was ich sehr hilfreich und anregend finde. Die Betrachtung des Islam als Gesetzesreligion, in der es strenge Regeln gibt und wenig Freiheit für den einzelnen, daher auch wenig Liebe, gibt für mich nicht die Vielfalt von Strömungen im Islam wieder. Gerade in der islamischen Mystik, wie sie etwa von Rumi überliefert wurde, wird Gott als der Geliebte, der Liebende und die Liebe verstanden. Seine Lyrik bietet meines Erachtens eine Fülle von Anregungen für die Liebe zu Gott und auch für die partnerschaftliche Liebe.
Ulrike Sammer hat etwas zu sagen zum Thema Liebe. Deshalb hätte ich mir die letzten 17 Seiten, auf denen sie die Frage beantwortet, wie Liebe befriedigend sein kann, ausführlicher und vielleicht mit mehr praktischen Beispielen
gewünscht! Allerdings hat die Autorin mit dem Titel kein Selbsthilfebuch versprochen. Sie schildert ausführlich Liebesfallen und gibt dann gezielt Hinweise, was sie für wichtig oder grundlegend hält, damit Liebe gelingen kann. Sie räumt auf mit Vorstellungen, wenn wir nur endlich von Amors Pfeil getroffen werden, dann ergibt sich alles von selbst. Nein, Liebe ist häufig auch ein Kampf, fordert immer wieder, sich aufeinander einzustellen, respektvoll auch Unterschiede anzunehmen, um sich gemeinsam weiterzuentwickeln. Ohne Selbstliebe kann die Liebe nicht gelingen! Und zum Wachstum braucht Liebe tragfähige gemeinsame Themen, Nähe Distanz, klare auch durchlässige Grenzen!
Ein vielseitiges Kompendium von Liebesfallen! Wie Khalil Gibran warnt: „Liebe, die nicht immer wieder neu entsteht, stirbt ständig.“