- Buchrezension
- Lieb und teuer: Was ich im Puff über das Leben gelernt habe - Buchrezension
Lieb und teuer: Was ich im Puff über das Leben gelernt habe - Buchrezension
Gute Nachrichten vom
Ilan Stephanie ist eine leidenschaftliche Körperforscherin. Diese Neugier war vermutlich auch der Grund, dass sie während ihres Studiums (Philosophie und Kulturwissenschaften) begann in einem Puff zu arbeiten. Sie wollte diesen Mikrokosmos kennenlernen und dem Umgang mit der Sexualität in unserer Gesellschaft begreifen. In ihrem Buch erzählt sie uns, was sie im Puff erlebt hat und wie diese Erfahrung sie bereichert und zu einer neuen befreiten Sexualität gebracht hat.
Es ist gar nicht so einfach dieses Buch zu beschreiben, auch wenn ich es mit Begeisterung gelesen habe. Denn auch wenn es auf den ersten Blick um Prostitution geht, habe ich bald gemerkt, dass das Thema vielschichtiger ist und Prostitution eigentlich nur eine Erscheinung davon ist, wie Sexualität in unserer westlichen Gesellschaft gelebt und verstanden wird.
Die Autorin erzählt uns von ihren Erfahrungen, die sie mit Prostituierten und Freiern gemacht hat. Wie ihr Umfeld reagiert hat, wenn sie diesen von ihrer beruflichen Tätigkeit erzählt hat. Sie räumt auf mit Klischees von rohem hemmungslosem Sex im Puff und Vorurteilen über Prosituierte und Freier.
Wir erfahren, dass Prostitution keineswegs das älteste Gewerbe der Welt ist. Prostitution ist ein Phänomen des Patriarchats. Damit der Mann sicher sein konnte, dass die Kinder seiner Frau von ihm stammen und er trotzdem mit anderen Frauen schlafen konnte brauchte er Heilige und Huren.
Und heute trotz der Emanzipation der Frauen, gibt es immer noch Männer die Geld dafür ausgeben um mit einer Frau Sex zu haben. Und Frauen ausserhalb und innerhalb des Puffs lassen sich auf diesen Handel ein.
Darum ist das Puff eigentlich nur ein Spiegel unserer Gesellschaft. Wir können diesen Spiegel nutzen um uns zu fragen: Warum muss ein Mann eine Frau auf die eine oder andere Art für Sex bezahlen? Ist es wirklich so, dass Frauen sich nur aus Zuneigung oder für Geld darauf einlassen wollen mit einem Mann Sex zu haben?
Für die Autorin wurde bald klar, dass wir geprägt sind, von einer sexuellen Matrix. Der Mann wird von dieser Matrix auf Sex fixiert und auch die Frauen werden von dieser Matrix geprägt was es heisst begehrenswert zu sein. Diese Matrix ist so tief und gründlich in unser Denken und Träume eingeschrieben, dass es uns vorkommt als sei es unsere eigene tiefe Wahrheit.
Dabei ist dieser ach so überwältigende Sexualtrieb des Mannes eine Erfindung der Moderne - eine Erscheinung des 19. und 20. Jahrhunderts.
Das Buch beschönigt nichts. Es ist eine philosophische Bestandesaufnahme, wie unsere Gesellschaft mit der Sexualität und der Liebe umgeht und was besser werden kann und sollte zum Wohle von Männern und Frauen. Eine spannende Lektüre, die dazu auffordert unsere Prägungen über die männliche und weibliche Sexualität zu erkennen und dann offen zu werden für eine erfüllende Erotik.
Wir erlösen die Prostitution von ihrem Fluch existieren zu müssen, in dem gemeinsamen Wiederfinden eines erotischen Lebensgefühls. Das Ende der Prostitution ist klar definiert durch echte globale Heilung zwischen den Geschlechtern.
Ilan Stephanie lebt in Berlin, lernt und forscht mit dem Schwerpunkt sexuelle Erfülllung und Heilung und bietet zu diesen Thema Kurse und Seminare an. Das Buch hat sie zusammen mit Theresa Bäuerlein geschrieben.
https://www.kalis-kuss.de/
Interview mit der Autorin in "Welt im Wandel TV"