Ein denkendes Herz - Buchrezension

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Gute Nachrichten vom

Schon der Roman „Geh, wohin dein Herz dich trägt“ von Susanna Tamaro hat mich begeistert. Ihre wundervolle metaphernreiche Sprache hat mich sehr berührt und auf eine Weise mit in ihre Welt genommen. Deshalb war ich sehr gespannt auf ihr „denkendes Herz“.

Wieder haben mich ihre Zeilen sehr berührt. Die Art, wie sie fast schon schonungslos Konflikte beschreibt. In dem sie aus ihrem Erleben, auch unbarmherzig mit sich selbst, viele Fragen stellt, quasi ihre eigene Lebensphilosophie entwickelt. Und mich fasziniert, wie sie menschliche Abgründe auslotet, ohne aber hart oder pessimistisch zu werden.

 

Susanna Tamaro beschreibt sich als „Ein Tiger, gezwungen, eine Puppe zu sein!“

„Aber hatte ich das nicht von Anfang an gewusst? Dass mein Leben im Grunde ein einziger, unausgesetzter Kampf sein würde?“

Sie kämpft darum, ihre eigene Wahrheit zu finden und sich deshalb nicht den Mächtigen zu beugen. So bewahrt sie ihre innere Freiheit, gerade auch weil sie erkannt hat, dass sie dadurch den Perfektionismus entlarvt.

„Ist nicht vielleicht die Perfektion die Dimension, auf die wir mit aller Macht hingetrimmt werden?
Brauchen wir noch eine Hölle, oder reicht uns das?
Die Hölle der Perfektion, von uns selbst eingerichtet und beherrscht. Gesund sein, effizient sein, immer auf der Höhe, oder…?
Oder sich schämen für das Scheitern und ins Abseits abdriften, so bald wie möglich erkennen, dass diese Welt keine Schwäche duldet, sich entsprechend verhalten, einen Weg einschlagen, der ein Ausweg ist.
Gibt es einen schlimmeren Richter auf Erden als den Perfekten?“

Sie kämpft für die Liebe, die sie erfährt, wenn sie zu sich selbst steht:
„Alles, was männlich ist, enthält auch das Prinzip des Weiblichen, und das Weibliche enthält auch das Männliche.
Die Zerrüttung in so vielen Gefühlsbeziehungen ist auch darauf zurückzuführen. Statt sich zu ergänzen und ein harmonisches Ganzes zu bilden, stellen sich die Gegensätze auf die gleiche Ebene und treten in Wettstreit.
Und in diesem Wettstreit gibt es keine Sieger, sondern nur einen Verlierer.
Die Liebe.“

Sie stellt sich ihrer Einsamkeit, fragt immer weiter.
„Sosehr die Gegenwart von Menschen in mir Gefühle auslöste, die in verschiedenen Abstufungen von Angst bis zum blanken Schrecken reichten, so sehr vermittelte mir die Beziehung zu allem, was lebendig, aber nicht mit Sprache begabt war, eine Empfindung von Frieden und tiefem Einverständnis.“ …schreibt die Meisterin der Sprache.

„Man muss viele Male hingefallen sein und sich ebenso viele Male wieder aufgerappelt haben, um hinter den unendlich vielen Demütigungen, den unendlich vielen Mühen einen roten Faden zu erkennen, der unsere Tage von Anbeginn an durchzieht, ihnen einen Sinn verleiht. Und dieser Sinn ist keine Antwort, sondern die Formulierung einer einzigen, sehr alten Frage. Wer bin ich?“

Im letzten Teil des Buches hinterfragt sie gängige Vorstellungen von Religion und Glauben und von Gott. Und ich kann nicht anders, als den Schluss ihres Buches zu zitieren:

„Dieser Geist (der Mütterlichkeit), der hingebungsvoll für alles sorgt, was klein und schwach ist, und alles tut, damit es groß und stark werden kann.
Dieser Geist ist das Einzige, was imstande ist, der Vernichtung entgegenzutreten, was zur Reinheit der Gabe befähigt. Der Gabe, die nicht Verwöhnung bedeutet, sondern Erneuerung, die die Fülle des Lebens bietet. …
Wenn dieser Geist der Mütterlichkeit auf die Erde zurückkehrt, können wir endlich den Blick zum Himmel erheben und bemerken, dass Gott kein König ist, sondern ein Nest.
Es ist da, das liebevoll gewebte Nest, wir können dort Zuflucht nehmen, wenn wir bedrückt sind, wenn wir müde sind, wenn wir zu lang auf Reisen waren und nicht mehr wissen, wo wir uns niederlassen sollen.
Und erst da, erst im Nest werden wir gewahr, dass Seine Gestalt kein wolkiges und undurchdringliches Geheimnis ist, sondern das Gesicht jenes anderen, den wir jeden Tag auf der Straße treffen, und dass Er mit mütterlichem Nachdruck nicht von uns verlangt, wir sollen uns vor Ihm niederwerfen, Ihn verehren oder Ihm Opfer darbringen, sondern vielmehr dem reichlichen Fluss Seiner Tränen unsere Augen leihen.
Denn nur unsere Tränen werden die Welt retten.“

Für mich zeigen die Worte von Susanna Tamaro eine Frau, die ihre Verletzlichkeit angenommen und so zu ihrer Stärke gefunden hat. Oder wahrscheinlich triff es eher zu, dass sie auf diese Weise tagtäglich ihre Stärke immer wieder neu findet.

 

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