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Die elegante Art, Hitzköpfe und andere Streithammel zu beruhigen - Buchrezension

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Gute Nachrichten vom

Der Titel klingt zu vielversprechend und so wie ein Patentrezept, das nicht funktionieren kann!

Gib mir den Zauberstab und ich löse die Konflikte dieser Welt. Doch dann bekomme ich in diesem Buch viel mehr geboten und ich muss einiges dafür tun, damit es funktioniert.

 

Was tun wir meistens, wenn wir einer wütenden Person oder zwei sich in Konflikt befindenden Personen begegnen? Wir versuchen sie mit sachlichen Argumenten zu beruhigen und das in den allermeisten Fällen ohne Erfolg. Sind wir selbst in den Konflikt involviert, bleiben auch wir meistens auf dem Standpunkt, dass der andere Unrecht hat und sind keinen sachlichen Argumenten zugänglich.

Douglas E. Noll beschreibt eine neue Art des Zuhörens, basierend auf der Erkenntnis, dass wir viel mehr emotionale Wesen „mit einer gewissen Fähigkeit zu logischem Denken und Vernunft“ sind, oder anders gesagt, dass unsere Emotionen die Basis für unser logisches Denken und unser menschlich-sein sind.

„Die westliche Kultur mit ihrer Überbewertung von Verstand und Vernunft hat uns der Fähigkeit beraubt, unserer Gefühle auf kompetente Weise einzusetzen und unsere eigene emotionale Intelligenz zu entwickeln.“

Wir sind also auf emotionaler Ebene viel zugänglicher als auf rationaler Ebene und da knüpft Douglas E. Noll an – er nennt es „Affect Labeling“ – wenn wir einer wütenden Person zuhören, sollen wir statt auf die Worte auf die dahinter liegenden Emotionen hören und diese Gefühle dann in einer Du-Botschaft widerspiegeln.

Das scheint erst mal sehr irritierend, haben wir doch in so vielen Coachings gelernt, ich-Botschaften zu senden, statt Sätze mit „du“ zu beginnen. Doch es ist gar kein Widerspruch, denn es geht darum, dem Gegenüber zu helfen seine Gefühle zu benennen und zu bestätigen und nicht darum, ihm seine Gefühle oder sein Verhalten vorzuwerfen. Wir helfen dem anderen dabei, „sein emotionales und physisches Erleben zu begreifen, in Worte zu fassen und ihm bewusst zu machen. Sobald der Sprecher seine Gefühle bewusst benennen kann, kann er mit ihnen arbeiten“. Außerdem erkennen wir die Gefühle des anderen an und helfen ihm, das auch zu tun. Das führt dazu, dass der andere sich beruhigen kann. Nun ist die Basis geschaffen um sich an die Problemlösung zu machen, die Noll in seinem Buch auch beschreibt.

Eine große Schwierigkeit liegt darin, dass die meisten von uns von klein auf das Gegenteil von “Affect Labeling“ erfahren haben – Emotionale Entwertung. Mir wurden meine Gefühle vielleicht gespiegelt, doch sie wurden nicht ernst genommen oder klein geredet und nicht Wert geschätzt zum Beispiel mit Sarkasmus und Ironie. Es handelt sich um die Negierung der Realität der anderen Person, um emotionalen Missbrauch. „Heul doch nicht!“, „Reiß dich zusammen!“ „Das wirst du schon überleben!“ „Hör auf, dich so aufzuregen!“- sind Beispiele für Reaktionen auf emotional aufgebrachte Menschen, die eine emotionale Entwertung darstellen.

Diese emotionale Entwertung zerstört Selbstvertrauen, Kreativität und Individualität. Logisches Denken, Problemlösung, Vernunft und nicht-emotionale Entscheidungsfindung werden verhindert. Als Konsequenz dieser frühen Erfahrungen negieren oder ignorieren wir unsere Gefühle und werden nicht dazu befähigt, unsere Gefühle auszudrücken (Alexithymie). Wenn Gefühle hochkommen, verfallen wir in reaktives Verhalten und reagieren unreflektiert auf Provokationen.

Und damit sind wir schon beim Kern des Problems – damit „Affect Labeling“ wirklich funktionieren kann, muss ich als derjenige, der die Gefühle spiegelt, geduldig und einfühlsam sein und nicht bewerten. Ich muss meine eigenen Bedürfnisse unter Kontrolle halten und mich auf mein Gegenüber konzentrieren. Um „Affect Labeling“ erfolgreich anwenden zu können muss ich mich darin üben, auf Gefühle statt auf Worte zu hören und mir meiner eigenen Emotionen bewusstwerden.

Wie wir das lernen können und wie wir diese De-Eskalationsmethode anwenden können – bei Kindern, unzugänglichen pubertierenden Jugendlichen, in Partnerschaften, in der Schule und im Berufsleben beschreibt Noll anschaulich in seinem Buch. Auch der Umgang mit Menschen mit diametral entgegengesetzten Meinungen wird mit dieser Methode möglich, wie Noll in einem Kapitel explizit veranschaulicht. Dabei ist es wichtig, dass auch ich bereit bin, an mir zu arbeiten. Es ist sowohl ein Selbsthilfebuch als auch ein Buch für Menschen, die beruflich mit Konfliktsituationen zu tun haben. Ein rundum empfehlenswertes Buch.

 

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