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Den emotionalen Rucksack leeren
Der emotionale Rucksack. Wie wir mit ungesunden Gefühlen aufräumen. - Buchrezension

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Gute Nachrichten vom

Belastende Gefühle loslassen, ja das ist einfach gesagt! Manchmal könnte es einem so vorkommen, als ob die Gefühle uns im Griff haben und nicht umgekehrt! Gern würden wir loslassen, bloß wie?

Wer sich diese Frage stellt, findet im Buch von Vivian Dittmar Hilfen, sich und seine Gefühle besser zu verstehen, sie zu „verdauen“ und loszulassen.
Kein leichtes Thema, es gibt auch keine Abkürzungen, die es uns ersparen, unseren Gefühlen zu stellen. Trotzdem mochte ich das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Die liebevolle Aufmachung, der klare Aufbau und die bildhafte Sprache von Vivian Dittmar machen es leicht, sich mit dem Thema anzufreunden. Wer dieses Buch mit vielen praktischen Übungen als Arbeitsbuch nutzt, kann sich von emotionalen Altlasten befreien und mit leichterem Gepäck das Leben vielleicht ein Stück mehr genießen.

 

Im ersten Abschnitt beschreibt die Autorin das „emotionale Gepäck“. Es enthält unsere unverarbeiteten Emotionen aber auch Traumata und kollektive Ladungen (also gesellschaftlich geteilte emotionale Altlasten). Im Rucksack ist es gut zwischengelagert. Langfristig wird der Rucksack aber schwer dadurch, wir können krank werden. Deshalb ist es wichtig, unverarbeitete Gefühle zu verarbeiten.
Wir werden vielleicht durch unbedeutende Details an so eine emotionale Altlast erinnert und geraten in einen Ausnahmezustand. Entweder spüren wir eine starke Erregung, oder wir können nichts mehr empfinden bis hin zu Gefühlen von Lähmung oder Dumpfheit. Mit solchen Entladungen entsteht psychisch wie körperlich Stress. Viele Menschen verfallen dann in ziellosen Aktivismus, um irgendwie mental wieder in den Griff zu bekommen, was da gefühlsmäßig gerade entgleist ist.

Zum gesunden Umgang mit starken Emotionen erläutert die Autoren das Dreizonenmodell aus der Erlebnispädagogik:

1. Wenn wir uns sicher und wohl fühlen, befinden wir uns in der Komfortzone.
2. Wenn wir durch Herausforderungen an unsere Grenze kommen, geraten wir in die Stretchzone. Das ist oft unangenehm, gleichzeitig beinhaltet die Stretchzone eine große Chance zu Wachstum und Weiterentwicklung.
In der Stretchzone haben wir die Wahl, ob wir uns unseren Emotionen zuwenden oder nicht. Wir können Gefühle ausblenden, um uns möglichst ungestört mit unseren Aufgaben zu beschäftigen oder aber wir nehmen uns Zeit, wahrzunehmen, was uns da aus dem Gleichgewicht bringt und schenken uns Mitgefühl – wahrscheinlich die Methode, die weniger Altlast im Rucksack hinterlässt.
3. Sehr ungemütlich wird es in der Panikzone, wo Unvorhergesehenes zu Gefühlen von Überforderung führt. Das kann eine schwere Erkrankung sein oder ein beziehungsgefährdender Konflikt, so dass wir stark aus dem Gleichgewicht geraten. Wenn die aktuelle Situation so überlastend erscheint, gibt es eine „Sicherung“, den „emotionalen Schließmuskel“, damit wir nicht von Gefühlen überrollt werden. Und unverarbeitete Emotionen wandern wieder in den Rucksack. Und im Folgenden geht es darum, zu lernen, den Schließmuskel zu steuern, dass wir nicht unkontrolliert Altlasten entladen sondern einen Rahmen finden, Verletzungen anzuschauen und zu heilen.

Im Folgenden beschreibt die Autorin dann die Überlebensstrategien im Umgang mit belastenden Gefühlen wie Betäubung, Ablenkung, Kompensation, Abreagieren oder Analyse, die kurzfristig ihre Berechtigung haben, langfristig aber natürlich nicht der Bewältigung dienen.

Unbearbeitete Rucksackinhalte kommen dann durch Dramen wieder nach oben. Hilfreich, um ein Drama auch wirklich bühnenreif werden zu lassen, sind Absolutheitsansprüche. Es sind „Bausteine unseres Egos“, wir sind stark mit ihnen identifiziert. Sie spiegeln unsere Sichtweise, wie die Welt sein sollte… und lösen damit keine Probleme, sondern verschärfen sie.

Im zweiten Buchabschnitt geht es um einen bewussten Umgang mit den emotionalen Altlasten. Damit wir die Chance nutzen, durch die Entladung unserer Altlasten zu wachsen und uns weiter zu entwickeln. Hier weist die Autorin wiederholt darauf hin, dass wir in einer Gesellschaft der Vereinzelung leben. Und sie empfiehlt sehr, sich Unterstützung durch Menschen des Vertrauens zu holen bei der Verarbeitung von den unverarbeiteten Emotionen und gibt auch konkrete Tipps zur Durchführung zu zweit.

Vivian Dittmar empfiehlt, regelmäßig für eine bewusste Entladung von Emotionen zu sorgen und dabei „der inneren Zündschnur“ zu folgen:

- Zugang finden: Entweder wenn wir sowieso aktiviert sind und Gefühle sowieso lebendig sind oder indem wir uns erinnern an schwierige Situationen.
- Sich verbinden mit der emotionalen Ebene. Das ist häufig nicht ganz leicht, gerade wenn wir geübt darin sind, Unangenehmes fern zu halten. Wir nehmen die Zündschnur fest in die Hand, indem wir die Empfindungen zulassen, uns hineinentspannen.
- Aus dem Weg gehen: Hier geht es darum, die innere Blockierung nicht zu verstärken durch mehr Aktivität, sondern wieder zurückzufinden zu unserer natürlichen inneren Bewegung.
- Die Emotionen sprechen lassen: Gefühle benennen, dadurch lässt meist die Intensität sofort nach.
- Entladung zulassen: Sich so an der inneren Zündschnur entlang zu einer guten Entladung bewegen. Dabei kann es zu körperlichen und emotionalen Phänomenen wie Zittern, Zucken, Stöhnen, Lachen oder Weinen kommen. Der wichtige Indikator für eine gute Entladung ist das Gefühl von Erleichterung.

Im dritten Buchabschnitt geht es um emotionale Hygiene – also darum, wie wir langfristig dafür sorgen, dass unser Rucksack regelmäßig überprüft wird, damit sich nicht zu viel darin ansammelt.

Dafür ist es hilfreich, rechtzeitig zu erkennen, dass gerade ein eine alte Emotion aktiviert wird, um sie eben nicht unkontrolliert zu entladen. Also nicht einem Gesprächspartner etwas um die Ohren zu hauen, was nichts mit ihm zu tun hat, nur weil es mich an eine alte Verletzung erinnert. Der Gesprächspartner ist nur der Auslöser für eine Entladung, nicht die Ursache. Ziel ist, selbst Verantwortung für den Rucksack und seine Inhalte zu übernehmen und schwierige Erlebnisse Stück für Stück mit kontrollierten Entladungen zu bearbeiten, zum Beispiel in einem Gespräch mit einem (Übungs-)Partner.

Dazu gibt die Autorin noch weitere hilfreiche Tipps für folgende Themen:
- Wie Absolutheitsansprüche bewusst gemacht und verändert werden können.
- Umgang mit dem Dramadreieck
- Umgang mit heftigen Emotionen
- Wie wir heftige Gefühle als Kraft nutzen können.
- Vorwürfe loslassen
- Bewusste Entladung mit (Gesprächs-)Partner, mit Musik oder in der Natur.
- Umgang mit anderen, bei denen sich alte Emotionen entladen
- Umgang mit kollektiven emotionalen Altlasten

Grundlegend wichtig bei der Auseinandersetzung mit dem emotionalen Rucksack ist es, ihn anzuerkennen und in seiner wichtigen Funktion zu würdigen. Denn der Rucksack ist ein „Speicher all jener schwierigen Erfahrungen, die wir nicht verarbeitet haben…“ Oft möchten wir sie einfach nur loswerden. Aber dann hätten wir die Chance auf Weiterentwicklung von „Liebesfähigkeit, Weisheit, Mitgefühl, Demut, Hingabe, Dankbarkeit, Achtsamkeit, Klarheit und Vertrauen“ nicht genutzt!

Im Anhang gibt die Autorin noch eine Schritt-für-Schritt-Anleitung, eine Checkliste und als Hilfestellung für eine kontrollierte Entladung die „Zündschnur kompakt“ mit. Am Ende des Buches kann man sich noch einen Spickzettel heraustrennen als Erinnerungshilfe für den Alltag.
Eine spannende Lektüre mit vielen praktischen, leicht verständlichen Übungen – meine absolute Leseempfehlung für alle, die Ihre Gefühle verstehen und für ihre Weiterentwicklung nutzen möchten!

 

 

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